26.11.2019: Bundesjustizministerin Lambrecht legt Gesetzentwurf zur Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz vor
Johannes Schmidt im Interview: Wir begrüßen die Initiative!
Interview: Jörg Nielsen/epd
Hannover (epd). Der Vorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes im Landesverband Niedersachsen, Johannes Schmidt, hat die Initiative von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) begrüßt, die Kinderrechte und die verpflichtende Berücksichtigung des Kindeswohls in das Grundgesetz aufzunehmen. Kinderschützer forderten dies seit vielen Jahren, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Es sei wichtig, im Grundgesetz genau zu definieren, was Kindeswohl bedeute. Außerdem forderte Schmidt ein System, mit dem Kinder von sich aus ihre Rechte wahrnehmen könnten. Der Gesetzentwurf ging am Dienstag zur Ressortabstimmung an die Bundesregierung.
Als Beispiel für Kindeswohl nannte Schmidt das Recht auf Teilhabe: Kinder armer Menschen seien automatisch auch arm. «Damit sind sie Opfer einer strukturellen Armut, die sie nicht zu verantworten haben.» Um allen Kindern das Recht auf Teilhabe zu ermöglichen, sei eine Kindergrundsicherung notwendig, um der Armutsspirale entkommen zu können. Die Definition des Kindeswohls sei notwendig, damit sich Juristen in ihren Entscheidungen daran orientieren könnten. Die Kinderrechte sollten schließlich das Kindeswohl garantieren. Die Kritik, Kinderrechte seien im Prinzip bereits in den Menschenrechten enthalten, wies Schmidt zurück: «Kinder haben besondere Bedürfnisse und benötigen einen besonderen Schutz, der so nicht in den Menschenrechten verankert ist.»
Problematisch, aber lösbar sei die Frage, wie Kinder ihre eigenen Rechte umsetzen und einklagen könnten, sagte Schmidt. Er plädierte für ein flächendeckendes Netz an Ombudsfrauen und -männern, die als unabhängige Rechtsvertreter besonders geschult werden sollten. «Das sollten Menschen sein, denen die Kinder vertrauen, wie etwa Erzieherinnen in den Kitas, Lehrkräfte oder Trainer in den Sportvereinen.» Ein solches System sei leichter aufzubauen, wenn die Kinderrechte im Grundgesetz verankert seien.
Kritiker führten ins Feld, dass Kindererziehung und Kinderzüchtigung eine private Sache innerhalb der Familie sei und den Eltern nun Rechte entzogen werden sollten. «Das ist nicht richtig», unterstrich Schmidt. Die Kindererziehung sei kein rechtsfreier Raum. «Häusliche Gewalt und Vernachlässigung sind schon jetzt strafbar.» Letztlich schütze und unterstütze die Aufnahme der Kinderrechte in Artikel 6 des Grundgesetzes gerade die Eltern, die sich um das Wohl ihrer Kinder sorgten, sagte der Kinderschutzexperte. Kinder seien über viele Stunden des Tages nicht zu Hause bei den Eltern, sondern anderen Erwachsenen anvertraut - in der Krippe, der Kita oder der Schule. Da sei es gut zu wissen, dass das Wohl der Kinder vom Grundgesetz geschützt ist.